Dr. Nicole Armbrüster ist promovierte Biologin und verfügt über weitreichende Expertise auf dem Gebiet der Pflanzenökologie und des Pflanzenanbaus im südlichen Afrika. Nach ihrer Tätigkeit in einem Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt auf der regulatorischen Beratung von natürlichen Gesundheitsprodukten, war sie fast 13 Jahren für die Bereiche Biologische und Pflanzliche Arzneimittel beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) tätig. Heute arbeitet sie für den Verband Pharma Deutschland.
Was sind Phytopharmaka? Pflanzliche Arzneimittel verständlich erklärt
Phytopharmaka (Pflanzliche Arzneimittel) sind Arzneimittel, deren wirksame Bestandteile ausschließlich aus Pflanzen bzw. Pflanzenzteilen oder deren Zubereitungen bestehen. Ausgangsstoff ist das in der Natur gesammelte (Wildsammlung) oder im Anbau produzierte Pflanzenmaterial. Im frischen oder getrockneten Zustand wird es weiterverarbeitet, z. B. zu Extrakten, Presssäften oder Destillaten. Phytopharmaka sind in verschiedenen Darreichungsformen wie Arzneitees, Kapseln, Tabletten, Dragees, Tropfen, Salben oder Säften verfügbar.
Pflanzliche Arzneimittel enthalten eine Vielzahl unterschiedlicher Inhaltsstoffe, die in ihrer Gesamtheit den Wirkstoff eines Pflanzlichen Arzneimittels ausmachen. Enthält ein Wirkstoff eine isolierte Einzelsubstanz, so wird dieser nicht als Wirkstoff eines Pflanzlichen Arzneimittels betrachtet, auch wenn er pflanzlichen Ursprungs ist (z. B. Atropin aus der Tollkirsche, Digitoxin aus dem roten Fingerhut). Phytopharmaka sind im Deutschen Arzneimittelgesetz (AMG) verankert; ihre Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität müssen von einer Behörde überprüft und zugelassen werden.
Erfahren Sie in diesem Beitrag alles Wissenswerte zum Thema Phytopharmaka!
Behandlung mit Phytopharmaka: Ist gegen alles ein Kraut gewachsen?
Phytopharmaka sind besonders gut bei Befindlichkeitsstörungen und leichten bis mittelschweren Erkrankungen geeignet. Die wichtigsten Anwendungsgebiete sind Atemwegs- und Erkältungskrankheiten, Magen-Darm-Beschwerden, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen. An ihre Grenzen kommen Pflanzliche Arzneimittel, wenn es um schwerwiegende Erkrankungen, wie z. B. Krebs, geht.
Sie können allerdings eine wirksame und nebenwirkungsarme Ergänzung zu chemisch-synthetischen Arzneimitteln darstellen, um Symptome zu lindern. Auch konnte gezeigt werden, dass durch Anwendung von Phytopharmaka der Einsatz von Antibiotika reduziert und damit der Bildung von Antibiotikaresistenzen entgegengewirkt werden kann.

Wie wirken Phytopharmaka?
Phytopharmaka bestehen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Inhaltsstoffe, die ihre Wirkung dadurch entfalten, dass sie an eine bestimmte Zellstruktur im menschlichen Körper binden. Sie entwickeln daher eine große therapeutische Breite. Inhaltsstoffe können sich gegenseitig beeinflussen, was ihre Wirkung unter Umständen verstärkt. So konnte für manche Stoffe gezeigt werden, dass sie gemeinsam eine größere Wirksamkeit erzielen als ihre Einzelkomponenten (synergistischer Effekt).
Aufgrund ihrer komplexen Zusammensetzung ist es aber meist nicht möglich, die genaue Wirkweise von Phytopharmaka festzustellen. Auch welche Stoffe oder Stoffgruppe in einem Pflanzlichen Arzneimittel wirksamkeitsbestimmend sind, konnte bislang nur in wenigen Fällen identifiziert werden.
Gut untersucht sind hier z. B. Mariendistelfrüchte, deren Extrakte zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen und Leberzirrhose, aber auch generell bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt werden. Der wirksamkeitsbestimmende Stoff ist das Silymarin, wobei es sich hier genau genommen um ein Gemisch aus verschiedenen Wirkstoffen (Silibinin, Isosilybinin, Silychristin und Silydianin) handelt. Silymarin fördert die Regenerationsfähigkeit der Leberzellen und hat leberschützende und antitoxische Wirkung.
Ein weiteres Beispiel ist die Rosskastanie, bei der Aescin als therapeutisch wirksam identifiziert werden konnte. Aescin ist ein Gemisch aus verschiedenen Saponinen, das adstringierende Eigenschaften aufweist und die Gefäßwände abdichtet. Pflanzliche Arzneimittel aus der Rosskastanie werden angewendet, um Wassereinlagerungen im Gewebe zu behandeln, sodass geschwollene Beine oder auch Prellungen und Blutergüsse typische Anwendungsgebiete sind.

Phytopharmaka und Homöopathika - Ist das das Gleiche?
Phytopharmaka und homöopathische Arzneimittel gehören beide, gemeinsam mit den anthroposophischen Arzneimitteln, zu den sogenannten „Besonderen Therapierichtungen“. Auch wenn in beiden Produktkategorien pflanzliche Stoffe oder Zubereitungen zum Einsatz kommen, dürfen sie nicht miteinander verwechselt oder gar gleichgestellt werden.
Die homöopathische Medizin geht auf Dr. Samuel Hahnemann (1755-1843) zurück und basiert auf dem Ähnlichkeits- bzw. Gleichheitsprinzip, das auch als „Similis similibus curentur“ (Ähnliches möge mit Ähnlichem geheilt werden) bzw. „Aequalia aequalibus curentur“ (Gleiches möge mit Gleichem geheilt werden) bekannt ist. Es handelt sich um eine ganzheitliche Therapieform, bei der die Krankheit als individueller Prozess aufgefasst wird, der den Menschen in seiner Gesamtpersönlichkeit betrachtet.

Für die Herstellung von Homöopathika werden natürliche Ausgangsstoffe verwendet, vorwiegend Pflanzen, aber auch Mineralien, tierische Stoffe sowie Mikroorganismen. Eine Besonderheit bei der Herstellung von Homöopathika ist deren Potenzierung (Verdünnung), mit der die erwünschte Wirkung verstärkt werden soll.
Die Therapie mit Phytopharmaka, die sogenannte Phytotherapie folgt dabei einem anderen Ansatz. Die moderne Phytotherapie basiert auf denselben naturwissenschaftlichen und kausalen Therapieprinzipien wie die wissenschaftlich orientierte Medizin. Ursprünglich aus der traditionellen Anwendung durch Erfahrung und Überlieferung entstanden, wurde die Phytotherapie zu einem integralen Bestandteil medizinischer Therapiekonzepte weiterentwickelt und in zahlreichen klinischen Studien untersucht.
Phytopharmaka und Nahrungsergänzungsmittel - Wo liegt der Unterschied?
Expertentipp

Dr. Nicole Armbrüster:
“Pflanzliche Arzneimittel werden oft mit Nahrungsergänzungsmitteln verwechselt, da sie in ihrer äußeren Erscheinung Arzneimitteln sehr ähnlich sind und ebenfalls pflanzliche Stoffe oder Extrakte enthalten können. Wichtig zu wissen ist, dass beide Produktkategorien unterschiedliche Zweckbestimmungen haben: Nahrungsergänzungsmittel dienen der „Ergänzung der Ernährung“ und gehören regulatorisch zu den Lebensmitteln. Arzneimittel sind dazu bestimmt, Krankheiten zu heilen, zu lindern oder zu verhüten und unterliegen den Anforderungen der Arzneimittelgesetzgebung.”
Was haben Pflanzliche Arzneimittel mit Drogen zu tun?
Hier geht es mitnichten um Rauschmittel! Bei dem Begriff „pflanzliche Droge“ handelt es sich im pharmazeutischen Kontext gemäß Europäischem Arzneibuch um unverarbeitete ganze, zerkleinerte oder zerbrochene Pflanzen oder Pflanzenteile, die gewöhnlich in getrocknetem, manchmal aber auch in frischem Zustand verwendet werden. „Pflanze“ wiederum wird in einem weiteren Sinn verwendet und schließt auch Algen, Pilze und Flechten mit ein. Auch bestimmte pflanzliche Ausscheidungen, z. B. Harze, die nicht weiterverarbeitet worden sind, werden als pflanzliche Drogen betrachtet.
Phytopharmaka: Ist ein Extrakt gleich ein Extrakt?
Pflanzliche Extrakte sind ein Vielstoffgemisch und bestehen aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Substanzen. Bei den wenigsten weiß man im Detail, welche Rolle sie bei der therapeutischen Wirksamkeit spielen; bei einigen ist deren Beitrag aber bekannt. In Abhängigkeit ihrer therapeutischen Relevanz unterscheidet man drei verschiedene Extrakt-Typen:
1. Standardisierte Extrakte
Dieser Extrakt-Typ enthält Inhaltsstoffe oder Inhaltsstoffgruppen, die eine anerkannte therapeutische Wirkung haben. Hier erfolgt die Einstellung eines definierten Gehalts an wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen. Ein Beispiel für einen standardisierten Extrakt sind Trockenextrakte aus Mariendistelfrüchten, bei denen der wirksamkeitsbestimmende Stoff das Silymarin ist. Genau genommen handelt es sich hier um ein Gemisch aus verschiedenen Wirkstoffen.
2. Quantifizierte Extrakte
Bei diesem Extrakt-Typ sind Inhaltsstoffe oder Inhaltsstoffgruppen bekannt, die allgemein anerkannt werden, einen Beitrag zur therapeutischen Wirkung zu leisten. Sie werden auch „aktive Marker“, also wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe genannt. Anstatt eines konkreten Gehalts erfolgt die Einstellung einer gewissen Spanne bzw. eines definierten Bereichs. Als Beispiel für einen quantifizierten Extrakt sei hier ein Trockenextrakt aus Ginkgo biloba genannt, bei dem Flavonglykoside und Terpenlactone als wirksamkeitsmitbestimmend angesehen werden.
3. „Andere“ Extrakte
Dieser Extrakt-Typ enthält Inhaltsstoffe oder Inhaltsstoffgruppen, die zumindest nach dem heutigen Erkenntnisstand keinen Beitrag zur Wirkung leisten. Sie dienen ausschließlich analytischen Zwecken und werden daher auch analytische Marker oder analytische Leitsubstanzen genannt. Analytische Marker können variabel sein; ihre Mengen müssen aber mit herkömmlichen Methoden gut gemessen werden können. Oft wird ein Mindestwert festgelegt, der eingehalten werden muss. Ein typisches Beispiel ist die Valerensäure in Baldrianextrakten.

Von der traditionellen zur modernen Phytotherapie
Die Anwendung von Pflanzen ist die älteste Art der Behandlung von Krankheiten. Bevor chemisch-synthetische Arzneimittel, so wie wir sie heute kennen, zur Verfügung standen, waren Heilmittel aus der Natur die einzige Option für den Menschen. Im Laufe der Zeit hat sich ein großer Erfahrungsschatz zur Anwendung von Pflanzen und ihren Zubereitungen entwickelt.
Noch heute greift man in einigen Kulturkreisen auf dieses traditionelle Wissen zurück, da nicht überall die nötigen chemisch-synthetischen Arzneimittel zur Verfügung stehen. Das Wissen über die Wirksamkeit von Arzneipflanzen wurde zunächst mündlich von Generation zu Generation, dann auch schriftlich weitergegeben. Heute ist die traditionelle Phytotherapie in vielen Teilen der Welt längst in der modernen Zeit angekommen.
Die Phytotherapie ist ein Teil der naturwissenschaftlichen Medizin oder auch Schulmedizin genannt. Die Wirksamkeit von Präparaten wird durch die Durchführung von klinischen Studien überprüft. Hierbei ist wichtig zu wissen, dass ein Wirksamkeitsnachweis nur für ein spezielles Produkt erbracht werden kann. Ergebnisse lassen sich nicht oder nur sehr beschränkt auf ein anderes Präparat übertragen.
Es gibt mittlerweile viele Pflanzliche Arzneimittel, deren Evidenz in klinischen Studien gut untersucht wurden. Sehr gut geeignet sind Phytopharmaka im Rahmen der Selbstmedikation bei Befindlichkeitsstörungen und leichten Beschwerden. Am häufigsten finden Pflanzliche Arzneimittel bei Erkältungskrankheiten Anwendung. Aber auch bei Magen- und Verdauungsbeschwerden sowie als Beruhigungs- und Schlafmittel können sie schnell Abhilfe schaffen.
Mehr und mehr Phytopharmaka werden auch in medizinische Leitlinien integriert. So wird in der aktuellen S3-Leitlinie zur Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen (HWI) verstärkt Wert auf den Einsatz von nicht-antibiotischen Therapieoptionen gelegt. Insbesondere Phytopharmaka kommen hier eine besondere Rolle zu. Als Soll-Empfehlung werden hier z. B. pflanzliche Zubereitungen aus Bärentraubenblättern und eine Kombination aus Rosmarin-, Tausendgüldenkraut- und Liebstöckelpulver genannt.
Es konnte gezeigt werden, dass durch die Anwendung dieser Arzneimittel der Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert werden konnte. Auch bei gastroenterologischen Erkrankungen werden Empfehlungen für die Anwendung von Phytopharmaka ausgesprochen. Beim Reizdarmsyndrom beispielsweise kann Pfefferminzöl Abhilfe schaffen, da es sich als wirksam zur Behandlung von Schmerzen und Blähungen erwiesen hat.
Alles über die Wirksamkeit von Phytopharmaka in unseren Seminaren

Grundlegendes zur Herstellung von Phytopharmaka
Für die Herstellung von Phytopharmaka ist hochwertiges pflanzliches Ausgangsmaterial in reproduzierbarer Qualität und ausreichender Menge notwendig. Pflanzliche Rohstoffe können entweder durch Wildsammlung oder durch Anbau gewonnen werden. Aufgrund der natürlichen Variabilität pflanzlicher Inhaltsstoffe bietet der Anbau viele Vorteile, um Rohware mit gleichmäßigerer Zusammensetzung zu erhalten. Kulturbedingungen und Erntezeitpunkte können optimiert und Verfälschungen ausgeschlossen werden.
Sowohl beim Anbau als auch bei der Wildsammlung sind die Vorgaben der Good Agricultural and Collection Practice (GACP) einzuhalten. Die Weiterverarbeitung des pflanzlichen Ausgangsmaterials zu einem Wirkstoff muss dann aber unter der Good Manufacturing Practice (GMP) erfolgen, so wie es für alle Arzneimittel gilt. Der Übergang zwischen GACP und GMP unterliegt teilweise einem gewissen Interpretationsspielraum und führt immer wieder zu Diskussionen mit den Behörden.
Welche Regelwerke gilt bezüglich Phytopharmaka es zu beachten?
Da es sich bei Phytopharmaka um ein echtes Arzneimittel handelt, sind generell die gesetzlichen Vorgaben des Deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG) sowie die europäische Gesetzgebung (RL 2001/83/EG) von Relevanz. Daneben gibt es auch zahlreiche pflanzenspezifische Regularien, die es zu beachten und umzusetzen gilt. Insbesondere sind hier die Regelwerke des Ausschusses für Pflanzliche Arzneimittel (Committee on Herbal Medicinal Products; HMPC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zu nennen.
In wissenschaftlichen und regulatorischen Leitlinien sowie Arbeitsdokumenten werden Unternehmen bei der Erforschung und Entwicklung von Pflanzlichen Arzneimitteln, aber auch bei der Vorbereitung von Zulassungs- und Registrierungsanträgen unterstützt. Themenbereiche zur Qualität, Nicht-Klinik, Klinik und Sicherheit werden hier mit dem Fokus auf pflanzliche Stoffe und deren Zubereitungen adressiert und erfordern ein besonderes Spezialwissen. Zudem sind die Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs zu berücksichtigen, das wichtige Vorgaben zur Einhaltung von Qualitätsparametern beinhaltet.
Klingt komplex? Wir machen die Theorie in unseren Seminaren praktisch verständlich!

Können Pflanzliche Arzneimittel erstattet werden?
Nachdem das „Gesetz zu Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ am 1. Januar 2004 in Kraft trat, änderte sich viel im deutschen Gesundheitssystem. Alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel werden seit diesem Zeitpunkt nicht mehr durch die gesetzliche Krankenversicherung erstattet. Aufgrund ihrer guten Verträglichkeit sind die meisten Phytopharmaka nicht verschreibungspflichtig, was bedeutet, dass der größte Teil dieser Produktkategorie nicht mehr erstattungsfähig ist. Ausnahmen gelten weitestgehend für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

Es gibt aber doch einige spezielle Ausnahmen; dazu gehören Ginkgo biloba-Blätter-Extrakte (Aceton-Wasser-Auszug, standardisiert, 240 mg Tagesdosis) zur Behandlung von Demenz, Flohsamen und Flohsamenschalen zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Zustand nach ausgedehnter Darmresektion, insbesondere bei Kurzdarmsyndrom und HIV-assoziierten Diarrhoen sowie parenteral anzuwendende, auf Mistellektine normierte Mistelpräparate in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität. Bei diesen nichtverschreibungspflichtigen Arzneimitteln handelt es ich um solche, die bei der Behandlung von schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten und damit ausnahmsweise zu Lasten der GKV verordnet werden können.
Viele Krankenkassen bieten aber seit Januar 2012 im Rahmen ihrer Satzungsleistungen die Möglichkeit an, nicht verschreibungspflichtige und apothekenpflichtige Arzneimittel zu erstatten, worunter auch viele Phytopharmaka fallen.
Pflanzliche Arzneimittel unter Kontrolle: Zulassungen und Registrierungen
Bevor Arzneimittel in den Markt eingeführt werden dürfen, müssen sie durch eine staatliche Behörde zugelassen werden. In Deutschland ist dies das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das die Wirksamkeit, Sicherheit und pharmazeutische Qualität der Produkte überprüft. Dies gilt für alle Arzneimittel, somit auch für Phytopharmaka.
Es gibt im Wesentlichen drei Möglichkeiten, eine behördliche Genehmigung als Pflanzliches Arzneimittel zu erlangen:
Vollzulassung
Diese Art der Zulassung (Artikel 8 der Richtlinie 2001/83/EG; §21 AMG i.V. mit §22 Abs. 2 AMG) unterscheidet sich in den Anforderungen in keiner Weise zu anderen chemisch-synthetischen Arzneimitteln. Bei einer Vollzulassung sind eigene produktspezifische Daten hinsichtlich Wirksamkeit und Unbedenklichkeit vorzulegen („stand-alone application“). Neben den eigenen Daten zur Präklinik und Klinik können aber auch bibliographische Daten beigefügt werden („full-mixed application“). Aufgrund des hohen Aufwands sind Vollzulassungen im Bereich der Pflanzlichen Arzneimittel eher selten.
Zulassung auf Basis einer anerkannten medizinischen Verwendung („well-established use“)
Bei diesem Zulassungstyp handelt es sich um eine sogenannte „bibliographische“ Zulassung (Artikel 10a der Richtlinie 2001/83/EG; §21 AMG i.V. mit §22 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Das bedeutet, dass die Vorlage eigener präklinischer und klinischer Daten nicht notwendig ist, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass der Wirkstoff des Arzneimittels seit mindestens 10 Jahren innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eine „allgemeine medizinische Verwendung“ hat.
Der Nachweis für eine anerkannte Wirksamkeit sowie eine annehmbare Unbedenklichkeit muss anhand einer ausführlichen wissenschaftlichen Bibliographie erbracht werden, die auf alle relevanten nicht-klinischen und klinischen Aspekte des Arzneimittels eingeht. Eine gute Basis für den Beleg einer anerkannten medizinischen Verwendung ist der Bezug zu einem zugelassenen Arzneimittel.
Registrierung auf Basis der traditionellen Anwendung („traditional use“)
Für traditionell verwendete Pflanzliche Arzneimittel wurde die Möglichkeit einer Registrierung (Artikel 16a der Richtlinie 2001/83/EG; §39a AMG) geschaffen. Hierbei handelt es sich um ein vereinfachtes Marktzugangsverfahren, bei dem keine produktspezifischen klinischen Daten zur Untermauerung der Wirksamkeit vorgelegt werden müssen. Der Nachweis der Wirksamkeit beruht hier auf dem sogenannten Traditionsbeleg, der vorsieht, dass das Präparat über einen Zeitraum von 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre in einem Land der EU, medizinisch verwendet wurde.
Man erkennt solche Präparate daran, dass auf der Packung „Traditionelles Pflanzliches Arzneimittel, das ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist“ vermerkt ist. Traditionelle Pflanzliche Arzneimittel können bei Krankheiten eingesetzt werden, die keiner ärztlichen Aufsicht (Diagnose, Verschreibung, Überwachung) bedürfen. Sie sind nur für die orale, kutane oder inhalative Anwendung bestimmt. Hinsichtlich der pharmazeutischen Qualität gelten uneingeschränkt dieselben Vorgaben wie für ein Standardarzneimittel.

Haben Phytopharmaka Neben- oder Wechselwirkungen?
Pflanzliche Arzneimittel eignen sich insbesondere bei leichten Beschwerden und erweisen sich insgesamt als sehr gut verträglich. Das heißt aber nicht, dass Phytopharmaka keine Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen haben können. Sie enthalten eine Vielzahl von Inhaltsstoffen, die unter Umständen auch gesundheitsschädigend sein können. Wichtig ist aber letztendlich, dass immer der Nutzen eines Arzneimittels gegenüber dem Risiko, das sich aus der Anwendung ergeben kann, überwiegt.
Ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis ist die Voraussetzung für die Marktfähigkeit eines Arzneimittels und wird auch nach Markteinführung kontinuierlich überprüft (Pharmakovigilanz). Bei der Vielzahl an Inhaltsstoffen, die in einem Pflanzlichen Arzneimittel vorhanden sind, kann also nie ganz ausgeschlossen werden, dass es auch solche enthält, die ein Risiko darstellen können.
Anders ist dies bei chemisch-synthetischen Arzneimitteln, die einen oder nur einige wenige genau definierte und charakterisierte Wirkstoffe besitzen. Wirkmechanismus und gesundheitsschädigendes Potenzial lassen sich hier im Vorfeld sehr gut untersuchen. Aber auch diese unterliegen selbstverständlich nach Markteinführung einem Überwachungssystem, um Neben- oder Wechselwirkungen zu erfassen, die in den klinischen Zulassungsstudien evtl. noch nicht aufgetreten sind.
Schulungen rund um den Bereich Phytopharmaka - für Einsteiger und Experten
Die Herstellung Pflanzlicher Arzneimittel mit ihren zahlreichen Besonderheiten erfordert speziell geschultes und exzellent ausgebildetes Personal. Alphatopics bietet Ihnen praxisnahe und interaktive Schulungen vom Anbau bzw. Sammlung pflanzlichen Ausgangsmaterials bis hin zum fertigen Pflanzlichen Arzneimittel. Egal, ob das Erlernen notwendiger Grundlagen für Neueinsteiger erforderlich ist, bereits vorhandene Kenntnisse vertieft oder neue Entwicklungen in Wissenschaft oder regulatorischem Umfeld vermittelt werden sollen: Wir bieten Ihnen das passende Schulungsformat, auch individuell auf Ihre Bedürfnisse angepasst.
Erfahrene Referenten teilen ihr Phytopharmaka-Wissen mit Ihnen
Unsere Referenten verfügen über umfangreiches Fachwissen und langjährige Expertise in ihrem jeweiligen Fachgebiet. Theoretische Grundlagen werden mit anschaulichen Beispielen aus der Praxis verknüpft und in verständlicher Weise vermittelt. Egal in welchem Format, ob Webinar oder Präsenzseminar, Sie können hier Ihre Fragen und Anmerkungen direkt einbringen und mit den Fachreferenten und anderen Teilnehmern diskutieren. Auch im Nachgang einer Veranstaltung besteht für Sie weiterhin die Möglichkeit, mit den Referenten in Kontakt zu treten und offene Punkte zu klären.
Unser Phytopharma-Symposium: Das sollten Sie nicht verpassen
Seit 2011 führt Alphatopics alljährlich das Phytopharmaka-Symposium durch, das sich mittlerweile zu einer der wichtigsten Fortbildungsveranstaltungen und Netzwerk-Treffen der Phytopharmaka-Branche in Deutschland entwickelt hat. Renommierte Experten informieren Sie in Vorträgen und Workshops zu aktuellen Themen rund um das Thema Pflanzliche Arzneimittel. Dabei steht ausreichend Zeit zur Verfügung, um in ungezwungener Atmosphäre neue Kontakte aufzubauen und alte Kontakte zu pflegen. Vertreter aus Industrie, Behörde und Wissenschaft kommen hier schnell ins Gespräch und schaffen so die Grundlage für ein besseres gegenseitiges Verständnis.
In einem immer stärker regulierten Umfeld ist es wichtig, sein Wissen auf dem neuesten Stand zu halten und sich mit Experten auszutauschen. Seien Sie beim nächsten Phytopharmaka-Symposium dabei!